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etwas zur Badekultur

‚Badefreuden‘ Foto W. Gallas, Zürich, um 1920
Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich

Die ersten grösseren Badeanlagen entstanden ca. 2500–1900 v. Chr. in den Städten der IndusKultur. Die Wasserversorgung erfolgt über Brunnen und die Bäder dienten nicht nur der Hygiene sondern auch rituellen Bedürfnissen und der reinen Lust am Baden.

In Griechenland und bei den Römern hatte die Badekultur einen sehr hohen Stellenwert. Platon empfahl warme Bäder für Alte und Kranke, Hypokrates hingegen befürwortete die Kaltwasserbehandlung, insbesondere bei Rheuma und Gicht. Zudem waren bereits zahlreiche Heilquellen bekannt, oft einem der vielen Götter geweiht.

Die Römer entwickelten die Badekultur der Griechen weiter, 305 v. Chr. besass Rom die erste grosse Wasserleitung und ein öffentliches Bad. Allein in Rom gab es im 4. Jh. ca. 900 öffentliche Bäder, für Arme kostenlose Badestuben und reiche Römer besassen oft sogar eigene Badezimmer.

Mit dem Zerfall des Römischen Reiches im 5. Jh. begann auch der Untergang der Badekultur, erst im Mittelalter wurde sie von Kreuzfahrer in den islamischen Ländern wieder entdeckt und erneut in Europa eingeführt. Das Schwimmen beispielsweise, gehörte im Mittelalter zu den sieben ‚ritterlichen Fertigkeiten’! In christlichen Ländern hingegen gewann die Lehrrichtung der Askese zunehmend an Bedeutung, sie lehnte das Baden als Verweichlichung und Luxus ab. Das Nicht-Baden wurde als Tugend gesehen und galt als genauso bedeutungsvoll wie das Fasten.

Im Hochmittelalter entstanden in Mitteleuropa sogenannte Badestuben wo zwar grundsätzlich Geschlechtertrennung galt, in der Praxis jedoch meist gemischt gebadet wurde. Für die Reinigung benutzte man Lauge, die Seife kam erst später auf. Bei Wohlhabenden galt der Besuch im Badehaus als Vergnügen, im Wasser wurde gegessen, getrunken und oft auch geflirtet. Der Beruf des Baders galt deshalb nicht ganz umsonst als unehrenhaft, war er doch nicht nur als Barbier und Chirurg tätig, sondern gegen Bezahlung auch als Kuppler und Heiratsvermittler. In Adelskreisen andererseits, gehörte das gemeinsame Bad zum Hofzeremoniell. Es war ein Zeichen der Gastfreundschaft, die Gäste vor einem Festmahl zum gemeinsamen Baden einzuladen.

Im 15. und 16. Jh. wurde die damals unheilbare Geschlechtskrankheit Syphilis von spanischen Söldnern aus Südamerika nach Europa eingeschleppt und die meisten öffentlichen Badehäuser wurden wegen der grossen Ansteckungsgefahr geschlossen. Das Baden geriet in Verruf, galt als schädlich und überflüssig. Man war damals der Ansicht, dass Wasser beim Baden durch die Poren der Haut in den Körper eindringen, sich dort mit den Körpersäften vermischen, und so zu Krankheiten führen würde. Die Zeit des Rokoko ist ein glänzendes Beispiel für diese Wasserscheu. Der ‚Sonnenkönig’ Ludwig XIV rühmte sich, in seinem ganzen Leben kein einziges Bad genommen zu haben, obwohl es im Schloss von Versailles über 100 Badewannen gegeben haben soll.

Die Aufklärung veränderte auch die Ansichten und Ideen der Medizin über Gesundheit und Hygiene, das Baden im Freien kam wieder in Mode und zwar nicht nur in warmen Quellen sondern auch in offenen Gewässern. 1761 gab es auf der Seine zum ersten Mal ein Badeschiff, zwei miteinander verbundene Hausboote mit insgesamt 33 Badekabinen wo man kalt und warm baden und auch duschen konnte. 1773 entstand in Frankfurt am Main die erste Flussbadeanstalt, erste moderne Volksbäder wurden unter anderem in England gebaut wie beispielsweise die 1872 in Liverpool eröffnete ‚öffentliche Bade- und Waschanstalt für die arbeitende Klasse’. Die Schweiz baute das erste Volksbad 1866 in Basel.